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DFG-Projekt "Repräsentationen und Praktiken der Geburt" (beendet)

Mitarbeiter/innen:

 

Studentische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter:

Marcus Laugsch

Lea Schulte

Anna Carnap (ehemalig)

Förderung:
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

 

Das Forschungsvorhaben zielt auf Repräsentationen und Praktiken der Geburt. Auf dem Hintergrund der Forschungen historisch-pädagogischer Anthropologie rekonstruiert es mit Hilfe qualitativer Methoden Bilder, Ideale, Ideologien, Vorstellungen und Praktiken der Geburt. Ausgangspunkt bildet die zu überprüfende Hypothese, dass die Geburtspraxis zwei antagonistischen Prozessen unterworfen ist. Der eine ist dadurch gekennzeichnet, dass die männlich dominierte Medizin die Zuständigkeit für die im wesentlichen von Frauen durchgeführten Geburtspraktiken übernommen hat, und man hierin eine Enteignung der Geburt sehen kann. Der andere Prozess ist dadurch charakterisiert, dass gegenüber den technologisch orientieren Geburtspraktiken der Medizin (wieder) auf „natürliche“ Praktiken (z. B. Hausgeburt) zurückgegriffen wird, und sich diese Entwicklung als eine (Re-) Feminisierung der Geburt begreifen lässt. Für die Repräsentationen und Praktiken der Geburt sind beide Dynamiken von zentraler Bedeutung. Das Auf-die-Welt-Kommen wird von Bildern und Vorstellungen der Entwicklung und der Strukturierung des Sozialen überlagert. In den Repräsentationen der Geburt überschneiden sich Bilder der Natur und der Biologie sowie der Kultur und der Technologie. Zu diesen gehören Repräsentationen des Ursprungs, des Anfangs, der Freiheit und des Neuen sowie Vorstellungen der Ablösung, des Anknüpfens und des Generativen. Mit der Erforschung der Repräsentationen der Geburt lassen sich auch die Differenzen zwischen diesen Repräsentationen und den Praktiken (medizinisch, technisch, pädagogisch, politisch, sozial etc.) der Geburt rekonstruieren. Um Repräsentationen und Praktiken der Geburt beschreiben und analysieren zu können, werden qualitative Methoden, d.h. Interviews, Gruppendiskussionen, Bild- und Videointerpretationen sowie Teilnehmende Beobachtungen in den Bereichen „Familie“ und „Institution der Geburtshilfe“ angewandt. In Verschränkung damit erfolgt eine Analyse der in Unterhaltungssendungen des Fernsehens inszenierten und aufgeführten Repräsentationen der Geburt. Vier Thesen sollen untersucht werden:

1. Als „conditio humana“ erzeugt der Vorgang der Geburt historisch und kulturell bedingte Repräsentationen der Geburt und der mit ihr verbundenen Praktiken.

2. Die Erforschung der Repräsentationen der Geburt, des darin angelegten erzieherischen Handelns sowie die Generierung und Veränderung der Repräsentationen durch Handlungspraktiken leistet einen wichtigen Beitrag zum pädagogischen Wissen und zu dem mit ihm im Zusammenhang stehenden pädagogischen Handeln.

3. In den Repräsentationen der Geburt drücken sich wichtige Aspekte des Verhältnisses von Eltern und Kindern aus.

4. Das Verhältnis zwischen institutionell gerahmten, medizinischen Praktiken und der Handlungspraxis von Eltern und Kindern – beispielsweise im Hinblick auf die Einübung von Ritualen der Säuglingspflege, des Stillens oder die physiotherapeutische Behandlung geburtsbedingter Beeinträchtigungen des Kindes – muss auch als ein pädagogisches Handlungsfeld begriffen werden, das auch in der Erziehungswissenschaft eine stärkere Beachtung verlangt.