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Zusammenfassung der 3. Vorlesung

Grundlagen pädagogischer Organisationen und Institutionen

von Hans Merkens

  • V 12109
  • Wintersemester 2005/06
  • Montag: 12.00-14.00 Uhr
  • Beginn: 17.10.2005

Zusammenfassungen der einzelnen Vorlesungen:

01

02

03

04

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Zusammenfassung der 3. Vorlesung:
Fortsetzung: Allgemeine Merkmale pädagogischer Institutionen.

Die bisherigen Vorlesungen haben bereits gezeigt, dass eines der Probleme bei der Beschreibung pädagogischer Institutionen darin liegt, dass die Bestimmung des Pädagogischen im Prinzip immer zirkulär ist. So hat Zinnecker die pädagogische Ethnographie dadurch eingegrenzt, dass sie sich auf pädagogische Handlungsfelder beziehen solle. Ähnlich kann man sagen, dass nur derjenige pädagogische Institutionen beschreiben kann, der weiß, was das Pädagogische ist. Damit kommt der Beschreibung pädagogischer Aufgaben eine besondere Bedeutung zu.

In der Erziehungswissenschaft hat sich zunächst eine Unterscheidung nach Erziehung und Unterricht eingebürgert. Dabei fällt die Bestimmung von Erziehung schon deshalb schwer, weil Erziehung weder vom Prozess noch vom Produkt her eindeutig und allgemein beschreibbar ist, wie schon Heid dargelegt hat. Die Beschreibung wird auch dadurch kompliziert, dass man zwischen Fremd- und Selbsterziehung unterscheidet und beim Erwachsenen nur noch Selbsterziehung kennt. Kade hat deshalb vorgeschlagen, zumindest beim Erwachsenen von einem Aneignungsverhältnis auszugehen. Zusätzlich kann man zwischen Erziehung und Sozialisation unterscheiden. Dabei wird unter Erziehung häufig das verstanden, was bewusst angestrebt wird, und mit Sozialisation das bezeichnet, was Wirkung bei Personen erzeugt – auch wenn es nicht gewollt ist. Die Sozialisation vollzieht sich in der alltäglichen Praxis. Begriffe wie der heimliche Lehrplan und die totale Institution werden immer nur im Kontext von Sozialisation verwendet.

Einfacher ist es demgegenüber, den Unterricht zu beschreiben. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um eine Figur, bei der viele gleichzeitig etwas Ähnliches lernen sollen und dabei von einem oder wenigen Personen unterstützt werden. Unterricht fällt im Allgemeinen technologisch aus. Es gibt Vorstellungen über Methoden und Vorgehensweisen. Beratung und Hilfe werden auf einer ersten Ebene immer an Personen adressiert. Sie können aber auch Institutionen als Kunde haben.

Es gibt eine große Tradition, die Dyade als Grundmuster pädagogischen Handelns anzusehen. Diese Grundfigur soll im Folgenden in eine allgemeinere Form transformiert werden, die auch im Übrigen Aspekte pädagogischen Handelns zu integrieren gestattet. Das Lehr-Lern-Verhältnis erfüllt in vieler Hinsicht diese Funktion. Es gestattet zumindest die beiden Haupttätigkeiten Erziehung und Unterricht gemeinsam zu behandeln. Dabei ist nicht zu übersehen, dass das Lehr-Lern-Verhältnis zwei Muster annehmen kann. Einerseits kann aus der Sichtweise der Lehrenden Lernen organisiert werden und andererseits kann aus der Sicht der Lernenden Lehren unterstützen. So gibt es auch unterschiedliche Lerntheorien, die vom Reiz-, Reaktionslernen über das Imitationslernen bis hin zum selbstgesteuerten Lernen reichen. Neuerdings wird darüber hinaus eine Theorie des praktischen Lernens formuliert. Sieht man die Lehr-Lern-Verhältnisse als Grundfigur an, dann kann zuerst davon ausgegangen werden, dass sie in unterschiedlichen pädagogischen Institutionen eine unterschiedliche Ausprägung erfahren. Da Lehr-Lern-Verhältnisse immer methodisch organisiert sein werden, d.h. die Erwartung besteht, dass bestimmte Handlungen bestimmte Ergebnisse wahrscheinlicher werden lassen, setzten sie in der Praxis Professionalität voraus. Diese Professionalität wird sich aber in unterschiedlichen Institutionen jeweils anders artikulieren. Im Kindergarten wird beispielsweise der Empathie, d.h. der persönlichen Zuwendung der Erzieherin zum einzelnen Kind noch mehr Bedeutung zukommen, als das in Institutionen der Weiterbildung beim Verhältnis Trainer-Trainee der Fall sein wird. Im Unterricht der Schule wird vor allem die methodische Kompetenz der Lehrkräfte gefordert sein etc.. Man kann daher unter dem Oberbegriff Lehr-Lern-Verhältnisse auch eine Unterteilung in Typen professionellen Handelns vornehmen.

Allgemein wird damit wiederum die Herausforderung für pädagogische Institutionen darin bestehen, Lehr-Lern-Verhältnisse professionell zu organisieren. Dabei wird besondere Bedeutung der Tatsache zukommen müssen, dass das jeweilige professionelle Handeln sich einerseits an den Zielen der jeweiligen Institution und andererseits am Bedarf der Klienten in der jeweiligen Institution orientiert. Professionalität wird demnach immer nur von einem Teil der Dyade erwartet, die in der Grundfigur des Lehr-Lern-Verhältnisses zusammengeführt wird.

Fragen zur 3. Vorlesung

  1. Wie lässt sich die Differenz zwischen Erziehung und Sozialisation aus der Perspektive der pädagogischen Institution darstellen?
  2. Wie kann man die Affinität von Lehr-Lernverhältnissen zu pädagogischen Verhältnissen für ein allgemeines Verständnis pädagogischer Institutionen nutzen?
  3. Worin liegen die Anforderungen für die Lehrenden beim Konzept des selbst organisierten Lernens bezüglich der Ausgestaltung der pädagogischen Institution?
  4. Welche Anforderungen werden an den professionellen Habitus von Pädagogen gestellt, welche in pädagogischen Institutionen - mit Ausnahme der Familie – arbeiten?
  5. Worin kann eine Differenz zwischen pädagogischen Institutionen verschiedenen Typs liegen?
  6. Beschreiben Sie wichtige Aspekte des Pädagogischen in pädagogischen Institutionen.

Weiterführende Literaturempfehlung zur 3. Vorlesung

  • TENORTH, H.-E. (1989): Professionstheorie für die Pädagogik? In: Zeitschrift für Pädagogik, 35.Jg., 809-824.
  • WUTTKE, E. (2000): Lernstrategien im Lernprozess. Analysemethode, Strategieeinsatz und Auswirkungen auf den Lernerfolg. In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 3. Jg., 97-110.

 

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