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Zusammenfassung der 5. Vorlesung

Grundlagen pädagogischer Organisationen und Institutionen

von Hans Merkens

  • V 12109
  • Wintersemester 2005/06
  • Montag: 12.00-14.00 Uhr
  • Beginn: 17.10.2005

Zusammenfassungen der einzelnen Vorlesungen:

01

02

03

04

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Zusammenfassung der 5. Vorlesung:
Historischer Rückblick

1. Die Familie

Wie bereits mehrfach beschrieben, kann die Familie als Urform der pädagogischen Institution angesehen werden. Ahrendt hat den Prozess der Veränderung der Familie anschaulich von der griechischen Polis bis zur Neuzeit beschrieben und dabei insbesondere herausgearbeitet, dass ursprünglich die Arbeit im privaten familiären Raum organisiert war, während die Arbeit heute im öffentlichen Raum lokalisiert ist. So hat die Familie im Lauf der Geschichte einen großen Teil ihrer ökonomischen Funktion verloren. Pädagogische Funktionen wurden ebenfalls verloren und wurden in eigens gegründeten Institutionen konzentriert.

2. Die Schule

Die Schule hat auch eine lange Geschichte. Generell kann davon ausgegangen werden, dass es in Kulturen, in denen es eine Schriftsprache gibt, auch Schulen für das Erlernen dieser Schriftsprache eingerichtet worden sind. Dabei ist für die Neuzeit von Bedeutung, dass alle Kinder am Unterricht teilnehmen sollten, während in früheren Jahrhunderten nur wenige Kinder mit der Schriftsprache vertraut gemacht wurden. Neben der intellektuellen Bildung wurden in Griechenland auch Gymnasien betrieben, die dazu dienten, männliche Jugendliche auf die olympischen Spiele vorzubereiten. Der heutige Name Gymnasium ist aus dem Griechischen gymnasion abgeleitet.
Die modernen Schulen dienen dazu, eine möglichst umfassende Bildung zu vermitteln.

3. Zur Entstehung pädagogischer Institutionen

Für die Erziehungswissenschaft ist von Bedeutung, dass Institutionen für die Entstehung von Subdisziplinen wichtig sind. So entsteht aus sozialen Institutionen wie Kindergärten, Waisenhäusern etc. die Sozialpädagogik, aus Einrichtungen für behinderte Kinder die Sonderpädagogik, aus der Notwendigkeit der beruflichen Bildung die Berufs- und Wirtschaftspädagogik etc.

Pädagogische Institutionen sind immer mit der Absicht gegründet worden, etwas an bestehenden Zuständen zu verbessern. Daraus resultiert letzten Endes die bereits in der vorangehenden Vorlesung erwähnte Didaktik der Organisation.

4. Bedarfsorientierte Gründung pädagogischer Institutionen

Die Gründung pädagogischer Institutionen hat sich immer an bestimmten Bedarfen orientiert. So wurden Ende des 19. Jahrhunderts Industrieschulen gegründet, mit dem Ziel, zur Industriosität zu erziehen. Die Ursache war, dass einerseits in den neugegründeten Manufakturen ein Bedarf herrschte, entsprechend qualifizierte Arbeitskräfte zu beschäftigen, die vor allem in der Lage waren, repetitiv bestimmte Tätigkeiten auszuüben (sie mussten fleißig sein), andererseits gab es eine große Zahl vagabundierender Waisenkinder, die zu solchen Tätigkeiten erzogen werden sollten. In den Industrieschulen herrschte das Prinzip, durch Arbeit für die Arbeit zu erziehen. Sie haben keinen langfristigen Erfolg gehabt.

Aus einer ähnliche Problematik hat Makarenko im Anschluss an die bolschewistische Revolution in der Sowjetunion Kollektive gegründet, mit der Absicht, durch die Verbindung von Kollektiv und Arbeit Jugendliche und Kinder, die vagabundierten und zum Lumpenproletariat zählten (sie ernährten sich auf der Basis von Raub und Diebstählen) zum sozialistischen Bewusstsein zu erziehen. Als Prinzip der Erziehung wurde dabei genannt, dass die Kollektive selbst ihre Arbeit organisierten.

Grundüberlegungen zur Theorie pädagogischer Institutionen

Ausgehend von den Aufgaben pädagogischer Institutionen kann man einleitend formulieren, dass diese Institutionen zum Zweck haben, Tätigkeiten so zu organisieren, dass die jeweilige Aufgabenstellung wahrscheinlicher erfüllt wird. Dabei lassen sich zwei unterschiedliche Typen von Organisation unterscheiden: Einerseits gibt es Institutionen, die die Aufgaben selbst organisieren, andererseits gibt es Institutionen, welche die Voraussetzungen dafür schaffen, das in den zuerst genannten Institutionen die Erfüllung entsprechender Aufgaben organisiert werden kann. Dieses gilt dann sowohl in finanzieller als auch in beratender Funktion. Diese Einteilung lässt erkennen, dass eine einheitliche Theorie pädagogischer Institutionen nicht entwickelt werden kann, sondern dass es nur möglich ist, Prinzipien für die Organisation der Tätigkeiten in pädagogischen Institutionen zu entwickeln. Dies wird in den folgenden Vorlesungen unter Rückgriff auf betriebswirtschaftliche und soziologische Organisationstheorien geschehen.

Fragen zur 5. Vorlesung

  1. Nennen und diskutieren Sie am Beispiel der Industrieschulen Kontextbedingungen für das historische Entstehen pädagogischer Institutionen.
  2. In welchem Verhältnis stehen die neu entstehenden pädagogischen Institutionen zur Familie?
  3. Diskutieren Sie die These der historischen Eingebundenheit von Formen der Schule.
  4. Worin liegt der besondere Ansatzpunkt von MAKARENKOs pädagogischen Institutionen?
  5. Diskutieren Sie die Möglichkeit die Besonderheiten pädagogischer Institutionen zu klassifizieren.

Weiterführende Literaturempfehlung zur 5. Vorlesung

  • MAKARENKO, A.S. (1989): Ein Pädagogisches Poem. Pädagogische Werke, Bd. 3, Berlin (Volk und Wissen).
  • PESTALOZZI, H. (1932): Über den Aufenthalt in Stanz. Brief Pestalozzi's an einen Freund. In: Sämtliche Werke, hrsg. v. BUCHENAU, A., SPRANGER, E., STETTBACHER, H., Bd. 13. Berlin (de Gruyter), 1-32.
  • PESTALOZZI, H. (1943): Über Volksbildung und Industrie. In: Sämtliche Werke, hrsg. v. BUCHENAU, A., SPRANGER, E., STETTBACHER, H., Bd. 18. Berlin (de Gruyter), 139-169.

 

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