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Zusammenfassung der 9. Vorlesung

Grundlagen pädagogischer Organisationen und Institutionen

von Hans Merkens

  • V 12109
  • Wintersemester 2005/06
  • Montag: 12.00-14.00 Uhr
  • Beginn: 17.10.2005

Zusammenfassungen der einzelnen Vorlesungen:

01

02

03

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Zusammenfassung der 9. Vorlesung:
Soziologische Ansätze zu einer Theorie der Institutionen: Luhmann

Luhmann hat sich selbst in der Nachfolge von Parsons gesehen. Er hat nicht über Institutionen gearbeitet, sondern ist ein Systemtheoretiker. Seine Überlegungen zum System lassen sich aber auf Institutionen übertragen. Er selbst hat nur in frühen Publikationen das System definiert. Später hat er sich darauf beschränkt, Systeme über einzelne Merkmale zu kennzeichnen. Systeme sind für ihn dadurch gekennzeichnet, dass sie sich in einer äußerst komplexen, veränderlichen und im Ganzen nicht beherrschbaren Umwelt zu sich selbst identisch halten. Dabei werden sie teilweise von Umweltbedingungen beeinflusst. Systeme operieren für ihn in sich geschlossen und sind von der Umwelt prinzipiell unterschieden. Als Grundlage der Systemtheorie dient die Differenz System-Umwelt. Dabei ist die Umwelt immer komplexer als das System. Aus der Sichtweise des Systems lassen sich Grenzen der Umwelt nicht erkennen.

Systeme sind dadurch gekennzeichnet, dass es in ihnen Relationen zwischen Elementen gibt. Dabei werden diese Relationen sparsam ausgebildet, d.h. es gibt nicht zwischen allen Elementen eines Systems Beziehungen, sondern es werden nur die Relationen eingeführt, die notwendig sind. So haben in pädagogischen Institutionen nicht alle Rollenträger Beziehungen zueinander. Im Unterschied zu Parsons müssen Institutionen nicht nach Homöostase streben – es geht vielmehr nur darum, dass Beziehungen geregelt werden.

Luhmann unterscheidet zwischen sozialen und psychischen Systemen. Er hat formuliert, dass es kein Supersystem gibt, dass beide Systemtypen enthält. Psychische Systeme gehören immer zur Umwelt sozialer Systeme und umgekehrt. Personen können nur als Rollenträger Mitglied von sozialen Systemen sein. Zum näheren Verständnis von Systemen sind zwei weitere Begriffe von Bedeutung: Programm und Kodierung. Mit Programm wird ein Komplex von Bedingungen der Richtigkeit formuliert. Darüber wird in pädagogischen Institutionen geleistet, dass auf der Rollenebene erwartbares Verhandeln bestimmt wird. Es handelt sich nicht um eine Eigenschaft des Systems, wie z.B. die Homöostase bei Parsons, sondern es ist eine Leistung des Systems ein Programm zu formulieren. Das ist in einem anderen Teil in dieser Vorlesung als Didaktik der Organisation beschrieben worden. Systeme können sich durch verschiedene Programme unterscheiden.

Neben dem Programm ist die Kodierung wichtig. Für pädagogische Systeme sieht Luhmann eine binäre Kodierung. Es gibt nach seiner Interpretation nur die Unterscheidung: besser-schlechter. Daraus entsteht eine interne Spannung für pädagogische Systeme, die sich so bestimmen lässt: Programme sind in aller Regel positiv formuliert. Die Kodierungen weisen demgegenüber auf Selektivität hin. Für das Verständnis pädagogischer Institutionen ist noch wichtig, dass der Transfer von Wissen oder Erfahrung, wie er z.B. im Unterricht institutionalisiert ist, wahrscheinlich nicht oder nur in Ausschnitten gelingen kann, weil Systeme (das gilt für psychische wie soziale Systeme) prinzipiell auf sich selbst referierend operieren. Eine Übertragung setzt aber jeweils Fremdreferenz voraus. Fremdreferenz wiederum wird praktisch in ein System implementiert, in dem das System interpenetriert wird. Weil dieser Zustand so ist, geht Luhmann beispielsweise von einem Technologiedefizit im Unterricht aus.

Fragen zum Kapitel 9:

  1. Nennen Sie die Bedeutung von Programm und Codierung für das Konzept von Luhmann!
  2. In welcher Funktion können nach Luhmann psychische Systeme Elemente sozialer Systeme sein?
  3. Wie kann man sich das Verhältnis von Lehren und Lernen nach Luhmann vorstellen?
  4. Wie sind Systeme aufgebaut?
  5. Wo sehen Sie Grenzen des Ansatzes von Luhmann?

Weiterführende Literaturempfehlungen zum Kapitel 9:

  • LUHMANN, N. (1984): Soziale Systeme. Frankfurt: Suhrkamp.
  • LUHMANN, N. (1996): Das Erziehungssystem und die Systeme seiner Umwelt. In: LUHMANN, N., SCHORR, K.-E. (Hrsg.): Zwischen System und Umwelt. Fragen an die Pädagogik. stw. Bd. 1239, Frankfurt: Suhrkamp, 14-52.

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