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"Ein Gesundheitsverhalten kommt selten allein ...": Was passiert wenn sich Ernährung und körperliche Aktivität auf eine Beziehung einlassen

29.07.2015

Dr. Lena Fleig, Dr. Lisa Marie Warner

Die Versuchung zum Faulenzen und Schlemmen lockt überall. Ständig müssen wir Entscheidungen treffen: Nach einer ausgiebigen Wanderung gleich ins Kaffee auf ein Stück Kuchen oder doch lieber zur gesunden Obstsalat-Alternative nach Hause? Im Alltag sind körperliche Aktivität und Ernährung viel mehr miteinander verstrickt, als wir uns vielleicht immer bewusst sind. Dabei haben wir ganz unterschiedliche Gedankengerüste: Ganz nach dem Motto „Gleich und Gleich gesellt sich gern“ kann uns die Absolvierung einer gesundheitsförderlichen Alltags-Tat (z.B. Spaziergang) zu noch mehr motivieren (z.B. Obstsalat). Aber Gegensätze ziehen sich eben auch am, so dass eine nur anvisierte oder schon absolvierte gesunde Handlung auch schnell dazu verleitet, sich im nächsten Schritt eher mal etwas zu gönnen.

WIE WIR UNSERE STUDIE DURCHGEFÜHRT HABEN

Ein Gesundheitsverhalten kommt selten allein – höchste Zeit, diese Phänomene wissenschaftlich zu untersuchen und sie langfristig für die Förderung von Gesundheitsverhalten nutzbar zu machen. Im Rahmen einer Pilotbefragung des EU-Projektes Credits4health haben wir einmalig knapp 800 gesunde Erwachsene in Deutschland, Griechenland, Spanien und Italien zu Ihrem Ernährungsverhalten und Ihrer aktuellen körperlichen Aktivität befragt. Ein Schwerpunkt lag darauf, herauszufinden wie Personen das Zusammenspiel zwischen Ihrer körperlichen Aktivität und Ihrer Ernährung wahrnehmen. Wird das Duett von körperlicher Aktivität und Ernährung eher zum Beziehungskiller oder –beflügler? Die Untersuchung von sogenannten verhaltensübergreifenden Überzeugungen trägt dazu bei, diese Beziehungsgefüge besser zu verstehen und Beratungsprogramme, die mehr als ein Verhalten ansprechen, effektiver zu gestalten.. Außerdem wollten wir herausfinden, welche Bedeutung solch‘ verhaltensübergreifenden Überzeugungen für Zielsetzung und Zielumsetzung haben.

WAS WIR ÜBER "BEZIEHUNGEN" GELERNT HABEN

Geht es gemeinsam besser? Im Durchschnitt berichteten die Befragten, dass sie Ernährung und körperliche Aktivität eher als gegenseitige Unterstützer wahrnehmen (sog. Transferüberzeugungen), als dass ein gesundes Verhalten als Ausrede zum Faulenzen in einem anderen Verhalten dient (sog. Kompensatorische Gesundheitsüberzeugungen). Zusammen scheint es also, so generell betrachtet, erstmal besser zu gehen. Vor allem wenn es darum geht, Ziele in die Tat umzusetzen.

In unserer einmaligen Befragung konnten wir allerdings nur eine Momentaufnahme des Zusammenspiels von Kompensations- und Transferüberzeugungen erfassen. Zukünftig wollen wir gerne Personen über einen längeren Zeitraum befragen, um zu erforschen, ob in ganz bestimmten Versuchungs-Situationen (z.B. bei Stress, wenn man alleine ist) ganz bestimmte Beziehungsmuster überwiegen.

UND FÜR DIE GESUNDHEITSPRAXIS

Für die Gesundheitspraxis zur Förderung eines gesunden Lebensstils ist der Einsatz von folgenden verhaltensübergreifenden Strategien denkbar:

Sie stehen mal wieder vor einer Versuchung – Was nun?

  • Lassen Sie sich nicht von Ihren Rechtfertigungsstrategien austricksen: sich dieser Rechtfertigungsgedanken überhaupt bewusst zu werden, ist der erste Schritt. Versuchen Sie sich selbst zu ertappen!
  • Besinnen sie sich auf ihr "Gesundes Selbst": Fragen Sie sich „Passt das eigentlich zu mir, wenn ich schon so gesund esse mich jetzt sportlich so gehen zu lassen?“ Oder auch „Passt Burger mit Pommes wirklich zu mir als Sportskanone?“. Ein guter Trick ist dafür auch: Halten Sie kurz inne, zücken Sie z.B. Ihr Smartphone und machen ein Foto vom Essen oder ein Selfie auf dem Sofa, und fragen sich dabei „Muss das jetzt wirklich sein?“ So schaffen Sie es eher, ihrem „gesunden Selbst“ treu zu sein.
  • Die kleinen Erfolge, die Sie für ihre Ernährung eingeheimst haben (z.B. mit einem digitalen Tagebuch), können Sie sich doch für ihre körperliche Aktivität nicht entgehen lassen. Lassen Sie sich von Ihren eigenen Erfolgen aus anderen Bereichen inspirieren und motivieren.

Hier geht es zum Artikel im British Journal of Health Psychology.