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Aus dem Bereich Evaluation: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Studienqualität und den Verbleibsquoten?

16.02.2016

Über die Qualität der Studiengänge an der Freien Universität Berlin geben die regelmäßig durchgeführten Befragungen der Studierenden in den Bachelor- und Masterstudiengängen Auskunft. In diesen Befragungen werden Studierende um ihre Einschätzung verschiedener Qualitätsmerkmale ihrer Studiengänge gebeten (z.B. der Qualität der Lehre und Unterstützung im Studium, die sie durch die Lehrenden erfahren, der Wahlmöglichkeiten, die sie im Studium haben aber auch der Kohärenz der Module und deren Studierbarkeit in der vorgesehenen Zeit). Inwieweit diese Einschätzungen aber mit den Verbleibsquoten in diesen Studiengängen zusammenhängen, wurde bislang kaum untersucht.

Die Verbleibsquote ist hier der Anteil der Studierenden einer Studienanfängerkohorte, der zu einem bestimmten Zeitpunkt (im Masterstudium ist dies das dritte Fachsemester) noch in dem Studiengang eingeschrieben ist (und entspricht damit nicht der in der Statistikdatenbank ausgewiesenen Auslastungsquote). Geringe Verbleibsquoten sind ein Zeichen dafür, dass ein großer Teil der Studierenden bereits in der Anfangsphase das Fach oder die Hochschule wechselt oder das Studium abbricht. Aus der Forschung zu Ursachen von Studienabbruch und -wechsel wissen wir, dass individuelle Gründe wie fehlendes Vorwissen, fachliche oder berufliche Neuorientierung sowie die persönliche Lebenssituation von Studierenden (Familie, Erwerbstätigkeit, Erkrankung) oft eine Rolle spielen. Ob aber darüber hinaus die Studienqualität einen Einfluss darauf hat, dass sich Verbleibsquoten zwischen Studiengängen unterscheiden, ist weitgehend ungeklärt. Zur Beantwortung dieser Frage für die rund 80 konsekutiven Masterstudiengänge der Freien Universität Berlin wurden zwei unterschiedliche Datenquellen zusammengeführt: Urteile der Studierenden zu ihrem Studiengang (hier: aus der Befragung der Masterstudierenden, die im Sommersemester 2013 durchgeführt wurde) und hochschulstatistische Daten (Verbleibsquoten) aus dem gleichen Zeitraum.

Die Studierendenbefragungen zeigen, dass Studierende in ihren Einschätzungen zentraler Qualitätsmerkmale ihres Studiengangs hinreichend übereinstimmen, so dass es gerechtfertigt ist, die durchschnittlichen Einschätzungen dieser Merkmale durch die Studierenden eines Studiengangs als Maß für die Qualität des Studiengangs zu betrachten. Die Abbildung zeigt für zentrale Qualitätsmerkmale die Höhe des Zusammenhangs mit den Verbleibsquoten. Dabei entspricht die Länge der Balken der Größe des Korrelationskoeffizienten und deren Vorzeichen zeigen die Richtung des Zusammenhangs an. An der unterschiedlichen Färbung der Balken ist abzulesen, ob der Zusammenhang statistisch signifikant ist oder nicht.

Aus der Abbildung ist ersichtlich, dass in Masterstudiengängen, in denen die Qualität der Lehre und der Betreuung Studierender besser ist, die ein besseres Studienklima haben und in denen die Modulkonstruktion schlüssiger ist, der Anteil der Studierenden größer ist, der nach dem dritten Fachsemester noch eingeschrieben ist. Je schwieriger die Studienanforderungen sind, desto geringer sind die Verbleibsquoten.

 

Wenn man nun alle in der Abbildung dargestellten Studienqualitätsmerkmale gemeinsam hinsichtlich ihres Einflusses auf die Verbleibsquoten untersucht und dabei für weitere Merkmale kontrolliert, in denen sich die Studiengänge auch unterscheiden (Fachkultur, Größe des Studiengangs und Zusammensetzung des Studiengangs in Bezug auf kognitive und motivationale Eingangsvoraussetzungen der Studierenden, hier erfasst über: die durchschnittliche Note der Hochschulzugangsberechtigung, den Anteil der Studierenden, der angibt, dass das Fach das Wunschfach war sowie den Anteil der angibt, durch das Bachelorstudium gut auf das Masterstudium vorbereitet gewesen zu sein), dann zeigt sich, dass der Effekt der Lehr- und Betreuungsqualität auf die Verbleibsquoten stabil bleibt, während die anderen Studienqualitätsmerkmale keinen zusätzlichen signifikanten Einfluss haben. Dies bedeutet, dass in Studiengängen, in denen es den Lehrenden besser gelingt, Wissen zu vermitteln, das Interesse von Studierenden zu wecken und sie bei Studien- und Prüfungsleistungen so zu unterstützen, dass sie sich gut vorbereitet fühlen und anhand von konkretem Feedback Hinweise zur Verbesserung ihrer Leistungen erhalten, ein geringerer Anteil der Studierenden das Studium abbricht oder das Fach wechselt. Die Anlage unserer Untersuchung ermöglicht es nicht, hieraus verlässlich auf einen Ursachen-Wirkungs-Zusammenhang zu schließen, jedoch ist der Zusammenhang in den Daten derart bedeutsam, dass es gerechtfertigt erscheint, die Erhöhung der Lehr- und Betreuungsqualität in den Studiengängen als einen Ansatzpunkt für die Verringerung der Schwundquoten in den Masterstudiengängen in Betracht zu ziehen.