Springe direkt zu Inhalt

Bilderbuch des Monats Juli 2025

Doug Salati (2024). Ein Tag am Meer.

Doug Salati (2024). Ein Tag am Meer.

Ein Tag am Meer (Doug Salati)

„zu eng! zu laut! zu viel! SCHLUSS!“ – Das Bedürfnis, dem Lärm und der Enge der Großstadt im Sommer zu entfliehen. Einfach raus, abschalten, Meer, Sonne und Sand genießen – daran können sicher viele anknüpfen.
So geht es auch dem Protagonisten in Doug Salatis Ein Tag am Meer. Ein kleiner Dackel hat genug vom städtischen Hochsommer, von Gewusel, Menschenbeinen, Verkehr und Baulärm. Kurzerhand stellt er das Laufen ein. Seiner Besitzerin bleibt bei diesem vehementen Protest keine Wahl. Mit dem Taxi, der Bahn und schließlich dem Schiff fahren die beiden auf eine Insel, auf der getobt, geplanscht und sich im Sand gewälzt werden darf. Mit dem Sonnenuntergang kommt auch die Großstadt zur Ruhe und die Rückkehr verläuft entspannter.

Salati erzählt multimodal, im Stil eines Comics, mit viel Bild und wenig Text. In subjektbezogener Erzählweise entfalten innere Monologe die Gedankenwelt des Hundes, die der des Menschen erstaunlich nahekommt. Besonders auffällig ist die assoziative Gedankenführung, die durch expressive Zeichensetzung betont wird. Es gibt wenige Kommata und Punkte, dafür umso mehr Ellipsen und Ausrufezeichen, die zu visuellen Mitteln emotionaler Verdichtung werden. Mit dem Erreichen der Insel und dem Blick aufs Meer verstummt der Text. Panelartige Bildabfolgen, an der Erzählweise des Comics orientiert, vermitteln das Gefühl, der Wind habe alle Gedanken davongetragen. Der Dackel verliert sich ganz im Moment. Endlose Strände, das Spiel der Wellen, Muscheln und Steine. Kein Stress und keine Hektik. Auch visuell verändert sich die Erzählweise. In der Stadt dominieren Rot- und Gelbtöne, die an dramatisierende Filmästhetik erinnern. Die Seiten sind überfüllt mit Figuren, Gebäuden und Lautmalereien, die in ihrer visuellen Dichte ein Gefühl von Überforderung und Reizüberflutung erzeugen. Starre Panelrahmen verstärken den Eindruck von Enge. Auf der Insel dagegen verschwinden die Rahmen, die Bildgestaltung wird freier, die Farben mit Blau- und Grüntönen ruhiger.                                       

Ein Gefühl von Weite breitet sich aus, das nicht nur den Dackel, sondern auch Rezipierende erfasst. Zurück in der Stadt kehrt der innere Monolog wieder, spürbar ruhiger, auch die Bilder bleiben in sanften Blautönen. Thematisch verhandelt das Buch Überforderung, Fürsorge und Freundschaft auf der Ebene von Bild und Text. Die besondere Qualität liegt im fein abgestimmten Zusammenspiel der multimodalen Darstellungsweisen.

Für alle, die dem sommerlichen Großstadtdschungel noch nicht entkommen können, ist dieses Buch ein kurzer Urlaub zwischen zwei Buchdeckeln. Und für alle anderen: eine eindrucksvolle und zugleich leichte Sommerlektüre am See oder Meer.

alle

         atmen

                       auf

 


Bilderbuch des Monats Juli von Anna-Lena Demi