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Kurzfassung des Projekts

Thema des Vorhabens:

Individuelle und kollektive langfristige Bewältigung von extremen Leid und externer Hilfe nach einer Naturkatastrophe – Sinngehalte und Emotionen

 

Vorgesehener Förderungsbeginn:      Okt. 2008

Laufzeit:                                         2 Jahre

 

I. Zusammenfassung

Bei Naturkatastrophen geht es meist um kurzfristig bereitzustellende Nothilfe. Es intervenieren vielfältige Hilfsorganisationen, die unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen und deren Hilfsangebote oft schwer koordinierbar sind. Die Arbeit am physikalischen Wiederaufbau, an der kommunalen Reorganisation in Verbindung mit der Distribution von Hilfsressourcen und die möglicherweise psychotherapeutische Traumabearbeitung sind notwendige technische Bausteine. Häufig wird kaum beachtet, dass von den Betroffenen die Katastrophe selbst ebenso wie die externen Hilfsaktionen in einen lokalen Sinnzusammenhang gestellt werden, der mit der lokalen Kultur und Geschichte und geteilten Deutungen zusammenhängt und starke Emotionen mobilisiert. Die Hilfsangebote stellen einen Eingriff in soziale Strukturen und Machtverhältnisse dar, der notwendigerweise mit Konflikten verbunden ist. So stößt häufig die technische Seite der Katastrophenbearbeitung auf unerwartete Hemmnisse und Widerstände, die vor allem langfristig zu großen Reibungsverlusten führen können.

Das Ziel der Studie ist es, herauszufinden, wie Menschen, die bei Naturkatastrophen extremes Leid und Unglück erfahren haben, langfristig sowohl dieses Leid verarbeiten, als auch, wie sie die ihnen gewährten Hilfeleistungen deuten und emotional verarbeiten und wie sie dabei mit einer fortbestehenden Bedrohung umgehen.

Es ist zu erwarten, dass hierdurch Ansatzpunkte für eine stärker kultursensible Katastrophenhilfe gefunden werden und im Sinne eines langfristigen Katastrophenmanagements, wie kulturelle Bedeutungen und mobilisierte Emotionen mit dem Ziel einer Erhöhung der Resilience zu vermitteln sind.

Als Beispiel soll eine Katastrophe und deren Bearbeitung untersucht werden, die sich 2006 in den Regionen (DIY) Yogyakarta (Bantul) und Zentraljava (Klaten) in Indonesien ereignete. Dort kam es am frühen Morgen des 27. Mai zu einem Erdbeben, bei dem ca. 280.000 Häuser zerstört wurden und knapp 7000 Menschen starben. Das Forscherteam wählte fünf Dörfer (in unterschiedlicher Entfernung vom Epizentrum des Bebens) als Untersuchungsgebiet. Die Mitantragsstellerin Prof. Dr. Hadiyono hat dort gut etablierte Feldkontakte durch ein Relief-Programm der Ford Foundation aufgebaut, und auch der erste Antragssteller Prof. Dr. Zaumseil, war im September 2006 in diesen fünf Dörfern und hat dort Felderfahrungen gesammelt.

Südost-Asien und speziell Indonesien ist eine Region, die dauerhaft Naturrisiken ausgesetzt ist. Interessant ist hier der lokalspezifische javanische Bedeutungshintergrund, der eine Jahrhunderte währende Geschichte mit jetzt modernen Transformationen (bspw. der Import des westlichen Trauma-Begriffs) hat.

Wir gehen davon aus, dass die kollektiven Deutungen sowie die Praktiken der Verarbeitung der Katastrophe und der Selbst- und Fremdhilfe eine kulturelle bzw. lokale Spezifik besitzen, deren Kenntnis und Verständnis wichtig ist, um die technische Seite der Katastrophenhilfe nicht in die Irre laufen zu lassen.