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Historische Fallversuche

Historische Fallversuche

1679 äußerte Newton ebenfalls wie Galilei den Vorschlag, mit Fallexperimenten die Erdumdrehung nachzuweisen. Dabei setzte er im Gegensatz zu Galilei richtig voraus, dass ein Köper zum Zeitpunkt des Loslassens eine größere Rotationsgeschwindigkeit besitzt, als der Fußpunkt des Lotes der Ausgangsstelle am Aufschlagboden, da dieser der Erdachse näher ist. Der Körper muss östlich vom Lotpunkt auftreffen, da er die größere Rotationsgeschwindigkeit aufgrund des Trägheitsprinzips beibehält. Die ersten Versuche, die diese Vermutungen bestätigen sollten, misslangen, da man eine zu geringe Fallhöhe nutzte, die nur eine Abweichung von weniger als 0,5 mm zuließ.

Erst im Jahre 1791 wurden wieder Fallversuche von Guglielmini im Torre degli Asinelli in Bologna durchgeführt. Guglielmini ließ 16 mal eine Metallkugel 78,3 m tief auf ein Wachsbrett fallen, auf dem dann die Aufschlagpunkte fixiert waren. Guglielmini berücksichtigte schon bei seinen ersten Versuchen, dass beim Abwurf auf die Kugeln einwirkende Störungen möglichst vermieden werden sollten. So befestigte er die Kugeln mit einem Faden an einem Haken, wobei eine Kupferplatte mit einem dünnen Spalt, durch den der Faden geführt wurde, die Lage der Kugeln stabilisieren und Schwingungen verkürzen sollte. Der Faden wurde oberhalb der Platte abgebrannt und so der Fall der Kugeln eingeleitet.

Guglielmini errechnete einen Mittelwert für die Ostabweichung der Kugeln von 11,3 mm.

1802 führte Benzenberg im Turm der Michaeliskirche in Hamburg das Experiment bei einer Fallhöhe von 76,3 m durch. Er achtete genau auf die Bestimmung des Lotpunktes, indem er ihn einmal vor und einmal nach jeder Beobachtungsreihe feststellte. Störungen, die von der Aufhängevorrichtung und der Art des Abwurfs der Kugeln herrühren konnten, versuchte Benzenberg auszugleichen, indem er nach jeder Beobachtungsreihe die Aufhängevorrichtung um 180° drehte. Benzenberg hängte bei seinen Fallversuchen in der Michaeliskirche wie Guglielmini zunächst die Kugeln mit einem Faden an einem Haken auf, nachdem er den Faden durch ein feines Loch in einer Messingplatte unterhalb des Hakens geführt hatte. Mit einer sehr scharfen Schere schnitt er dann den Faden in der Richtung ab, in der er in dem Loch der Platte anlehnte, so dass der Faden der Schere nicht ausweichen konnte. Benzenberg versuchte, die sich auf die Kugeln zu übertragende Bewegung zu vermeiden, indem er den Schnitt möglichst nah über der Platte ausführte. Da er trotzdem feststellen musste, dass durch das Abschneiden der Kugel ihr Fall zu sehr beeinflusst wurde, ließ er sich eine ähnliche Abwurfvorrichtung anfertigen wie die Guglielminis. Diese war so konstruiert, dass sich die Zangenschneiden durch leichten Druck über den Hebelarm öffneten. Benzenberg fing die Kugeln auf einer Holzplatte auf, die er aus Pockholz anfertigen ließ, nachdem ihm Platten aus Mahagoni-, Birnbaum- und Eichenholz von den Kugeln zerschlagen worden waren.

Bei den Versuchen zeigten sich große Abweichungen zwischen den einzelnen Aufschlagpunkten der Kugeln, trotzdem konnte eine deutliche Tendenz zur östlichen Abweichung vom Lotpunkt nachgewiesen werden. Benzenberg errechnete einen Mittelwert von 8,7 mm.

1804 wiederholte Benzenberg die Versuche im Bergwerk Schlebusch, wo sich der Vorteil ergab, dass sich der Lotpunkt im Kohlenschacht leichter und genauer als im Holzturm der Michaeliskirche ermitteln ließ. Bei den Versuchen im Bergwerk zu Schlebusch ergänzte Benzenberg die Zangen-Abwurfvorrichtung mit einem Kasten, der unterhalb der Zange angebracht war. Die abzuwerfende Kugel wurde in den Kasten gehalten, ihr Faden durch einen Spalt in dessen Deckel geführt und der Faden dann, wie gehabt, an einem Stift befestigt und mit der Zange festgehalten. Die Kugel wurde so durch den Kasten vor jeglichem Luftzug, der durch die Bewegungen der Beobachtenden entstehen konnte, geschützt. Benzenberg konnte bei diesen Versuchen eine Ostabweichung von 10,4 mm feststellen.

1831 führte Reich im Dreibrüderschacht zu Freiberg Versuche durch. Dabei verfügte er über eine Fallhöhe von 158,5 m und maß 27,4 mm Abweichung. Durch eine neue Art der Einleitung des freien Falls kam er zu Ergebnissen, die die Ostabweichung nachwiesen, wenn auch immer noch Abweichungen zu erkennen waren. Reich verwendete für seine Versuche Bleikugeln, die in kochendem Wasser erwärmt und nach dem Abtrocknen auf einen Metallring gesetzt wurden. Ihre Abkühlung und die damit verbundene Volumenverminderung bewirkte, dass sie durch den Ring fielen, ohne dass man von außen Einfluss auf sie nehmen musste.

Hall dagegen nutzte eine Fallhöhe von nur 23 m und berechnete als Mittelwert von 948 Beobachtungen 1,77 mm Abweichung.

Flammarion benutzte für seine Fallversuche 1903 im Pariser Pantheon einen Elektromagneten zum Abwurf der Kugeln. Dieser Elektromagnet hielt die gut polierten, homogenen Stahlkugeln und ließ sie nach Ausschaltung des Stromes auf eine Bleiplatte von 2,5 mm Dicke mit Stahlunterlage fallen, auf der neben dem Lotpunkt die Nord-Süd- und die Ost-West-Richtung eingezeichnet waren.

 

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