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Aus dem Bereich Lehrqualifizierung: Heterogenität in den Workshops SUPPORT für die Lehre – wie viel Differenz ist zielführend?

Sarah Hoffmann

21.08.2017

Das Programm SUPPORT für die Lehre richtete sich in der ersten Förderperiode (2013 bis 2016) hauptsächlich an Erstlehrende aller Fachbereiche und Zentralinstitute der Freien Universität. Diese fachliche Heterogenität hat sich für didaktische Angebote bewährt und wird in der zweiten Förderperiode fortgesetzt. Neu hinzukommen einige Workshops, die fachspezifische Fragen der Lehre aufgreifen.

Wer das erste Mal an einem Workshop des Programms SUPPORT für die Lehre teilnimmt, ist zuweilen irritiert, dass in dieser hochschuldidaktischen Weiterbildung Lehrende aus den unterschiedlichsten Fächern gemeinsam an ihrer Qualifizierung für die Lehre arbeiten. Manche fragen sich, ob es tatsächlich effektiv und zielführend ist, wenn eine Physikerin mit einem Historiker, ein Geograf mit einer Veterinärmedizinerin oder eine Informatikerin mit einem Archäologen über das Lehren und Lernen ins Gespräch kommen.

Teilnehmer Grundlagenmodul

Abbildung 1: Teilnehmende in den Grundlagenmodulen SUPPORT für die Lehre nach Fachbereichen 2013 bis 2016 (1. Förderperiode) (Angaben in Prozent)

Tatsächlich ist der Teilnehmerkreis in den Veranstaltungen nach Fächergruppen breit gestreut (siehe Abbildung 1). Hochschuldidaktisches Know How ist an allen Fachbereichen und Zentralinstituten der Freien Universität gefragt. Auch in den Sonderforschungsbereichen und Forschungseinrichtungen besteht Interesse an didaktischen Gestaltungsfragen, insbesondere dann, wenn es um die forschungsorientierte Lehre geht. Zuweilen interessieren sich für unser Angebot darüber hinaus Wissenschaftler/innen, die in einer der Zentraleinrichtungen oder an der Charité tätig sind.

Doch es gibt große Unterschiede in den Fachkulturen und somit auch in der Art und Weise, wie in den unterschiedlichen Fächern gelehrt und gelernt wird. Dies ist zum einen den Gegenständen des Fachs geschuldet, zum anderen prägen historische Traditionen die Art und Weise der Stoffvermittlung und -aneignung. Während beispielsweise in den Rechtswissenschaften die große Vorlesung die klassische Veranstaltungsform darstellt, findet in den Geschichts- und Kulturwissenschaften die Lehre überwiegend in Seminarform statt. Während in der Chemie oder Biologie die Studierenden an oft langen Labortagen ihr Wissenschaftsgebiet ganz praktisch und hands on erkunden, ist in den Altertumswissenschaften die Bibliothek oder das Museumsarchiv der wichtigste Lernort. Beruht in manchen Fächern der Prüfungserfolg überwiegend auf der Kenntnis komplexer Fakten und Zusammenhänge, sind in anderen Kontexten bereits im Bachelorstudium die eigenständige Analyse und kritische Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Positionen als Prüfungsleistung gefragt.

Darüber hinaus verteilt sich die Lehrverpflichtung in den verschiedenen Fächern auf unterschiedliche Schultern. Lehrende sind Professor/innen, Juniorprofessor/innen, wissenschaftliche Mitarbeiter/innen, Lehrbeauftrage, sonstige Mitarbeiter/innen und Tutor/innen. Jede dieser Personengruppen verfügt über ein anderes Vorwissen und benötigt Lehrkompetenz in unterschiedlicher Tiefe und Breite. Zudem ist, je nach Studiengang und Studienniveau, die Gestaltungsfreiheit der Lehrenden recht unterschiedlich. Neben Lehrveranstaltungen, für die sehr präzise Curricula mit klaren Kompetenzzielen vorgegeben sind, können Lehrende in anderen Formaten den Syllabus frei gestalten und beispielsweise auch ihre eigene Forschung thematisieren. Auch die Ausstattung an Räumen, Lehrmaterial und digitalen Medien gibt der Lehre einen Rahmen, der je unterschiedliche Möglichkeiten und Spielräume eröffnet. Nicht zuletzt haben Lehrende in den verschiedenen Fächern mit unterschiedlich heterogen zusammengesetzten Studierendengruppen zu tun, die mit klarer Berufsorientierung oder wissenschaftlichen Ambitionen die Lehrveranstaltungen besuchen.

In der ersten Förderperiode des Qualitätspakt Lehre (2012 bis 2016) konzentrierte sich das hochschuldidaktische Angebot der Freien Universität Berlin auf sogenannte Erstlehrende, d.h. wissenschaftliche Mitarbeiter/innen und Juniorprofessor/innen, die bisher über wenig oder keine Lehrerfahrung verfügten. Mit den Grundlagenmodulen des Zertifikatprogramms wurden in der ersten Förderperiode (2013 bis 2016) insgesamt 295 wissenschaftliche Mitarbeiter/innen und 25 Juniorprofessor/innen erreicht.

Ein Blick auf die Erwartungen der Teilnehmenden zu Beginn des Zertifikatprogramms zeigt, dass es trotz fachlicher Heterogenität ein ganzes Set an didaktischen Fragen gibt, die Wissenschaftler/innen gemeinsam bewegen, wenn sie an Ihre Lehre denken. In einer Erwartungsabfrage in einem SUPPORT-Workshops wurden beispielsweise folgende Lernanliegen und -wünsche formuliert:

-       Anregung zu strukturierter Lehre

-       Tools zur Wissensvermittlung

-       Hilfe bei der Planung von Lehrveranstaltungen

-       Reflexion der eigenen Lehrpraxis

-       Austausch mit Kolleg/innen

-       neue Methoden für eigene Lehrpraxis

-       mehr Selbstsicherheit gewinnen → mich qualifiziert fühlen als Lehrender

-       Feedback von Kolleg/innen

Hattie (2013)[1] konnte mit einer Zusammenfassung von 800 Metaanalysen zu Gelingensfaktoren akademischen Lernens zeigen, dass es effektive Gestaltungsprinzipien für die Lehre gibt, die ihre Wirkung unabhängig von Hochschultypen, Studiengängen und Studienphasen entfalten. Das Angebot von SUPPORT für die Lehre konzentriert sich auf solche übergreifenden Prinzipien und setzt mit seinen Workshops und dem Beratungsangebot auf die Vermittlung von grundlegendem Wissen, auf Übung und gezielte Unterstützung sowie die Reflexion von Lehrerfahrungen.

Allerdings stoßen heterogen zusammengesetzte hochschuldidaktische Veranstaltungen dort an ihre Grenzen, wo es um typische Vermittlungsprobleme des jeweiligen Fachs geht oder spezifische Lehrformate zu diskutieren sind. Beispielsweise beruht die Lehrkompetenz im Labor neben der Fach- und Beratungskompetenz im hohen Maß auf der Kenntnis typischer Fehlkonzepte im Verständnis naturwissenschaftlicher Zusammenhänge und entsprechender Strategien zu deren Bearbeitung. Eine Umfrage unter den SUPPORT-Teilnehmenden aus dem Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie[2] zeigte zwar, dass für die befragten Lehrenden gerade der Austausch mit Teilnehmer/innen aus ganz anderen Bereichen sehr interessant war und dieser neue Blickwinkel zu einer Bereicherung der Lehre führte. Allerdings wurde auch die Meinung vertreten, dass in den Kursen lange darüber diskutiert werden musste, wie Lehre in den verschiedenen Bereichen abläuft, da Geisteswissenschaftler/innen die Situation in den Naturwissenschaften nicht kennen und umgekehrt. In der 2. Förderperiode wird SUPPORT auf diesen fachspezifischen Bedarf mit einigen Workshop-Angeboten reagieren, die in Kooperation mit den jeweiligen Instituten konzipiert werden. Schwerpunkt wird aber weiterhin die fächerübergreifende hochschuldidaktische Weiterbildung bleiben, nicht zuletzt weil diese Kurse eine Möglichkeit bieten, sich mehr über die verbindenden Prinzipien der Freien Universität zu verständigen.


[1] Hattie, J./Beywl, W./Zierer, K.: Lernen sichtbar machen. Baltmannsweiler 2013.

[2] Die Umfrage wurde im Juli 2016 von Dr. Thorsten Grospietsch, Referent für Studium und Lehre am Fachbereich BCP, durchgeführt.