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Industriearbeit und ökologisches Verantwortungsbewusstsein

Projekt: Industriearbeit und ökologisches Verantwortungsbewusstsein

Mitglieder der Projektgruppe:

 
  • Univ.-Prof. Dr. Ernst-H. Hoff
  • Dipl.-Psych. Werner Duell
  • Dipl.-Psych. Eyko Ewers
  • Dipl.-Psych. Clara Meynen
  • Dipl.-Psych. Jens Walter
  • cand. phil. Torsten Grothmann

 


 

Zur Projektgruppe gehörten als frühere Mitarbeiter Dr. Thomas Lecher, der 1997 ausschied, sowie etliche DiplomandInnen. Die Arbeit der Projektgruppe begann 1992 und sie läuft unbefristet.

In einer 1. Phase, die vor allem der Theoriegenerierung und -überprüfung diente, wurde sie nicht aus Drittmitteln finanziert. In der darauf aufbauenden, jetzt anlaufenden 2. Phase soll ein Projekt "Arbeits- und Organisationspsychologie im Umweltmanagement: Strategien zur Förderung von ökologisch verantwortungsbewusstem Handeln am Beispiel von mittelständischen Unternehmen" mit Hilfe von Drittmitteln finanziert werden.

Zu potentiellen Projektträgern bestehen Kontakte. Eine finanzielle Eigenbeteiligung der Unternehmen, mit denen zur Zeit kooperiert wird, wird in jedem Fall stattfinden.

 


 

 


Zur Ausgangslage in der Forschung

Obwohl die industrielle Produktion als eine der Hauptursachen der Umweltkrise gilt, bezieht man die Begriffe "Umweltbewusstsein" und "Umwelthandeln" im Alltagsverständnis hauptsächlich auf den privaten Lebensbereich: Man denkt z.B. an Hausmülltrennung, umweltgerechtes Verkehrsverhalten oder an den Kauf umweltgerechter Produkte. Der arbeitende Mensch als Verursacher von Umweltproblemen gerät kaum in den Blick.

Ein ähnliches Verständnis scheint auch auf wissenschaftlicher Ebene vorherrschend zu sein: Es gibt kaum Forschung, die sich mit "Umweltbewusstsein" und "Umwelthandeln" am Arbeitsplatz, mit dessen Ausbildung sowie mit den damit einhergehenden Anforderungen an das Management beschäftigt. Die sozialwissenschaftliche Umweltforschung, die Umweltpsychologie und die Arbeits- und Organisationspsychologie haben sich bisher noch nicht der Frage nach ökologischem Bewusstsein sowie Handeln am Arbeitsplatz im Betrieb und in anderen Organisationen gewidmet.

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Die erste Phase der Projektarbeit

Zur Entwicklung der Theorie des ökologischen Verantwortungsbewusstseins

Vor dem Hintergrund der Forschungsdefizite in der Umweltbewusstseinsforschung und in der Arbeits- und Organisationspsychologie lag der anfängliche Schwerpunkt des Forschungsprojektes "Industriearbeit und ökologisches Verantwortungsbewusstsein" auf der Entwicklung einer Konzeption zum ökologischen Verantwortungsbewusstsein von erwerbstätigen Erwachsenen. Dabei ging es auch um die angebliche Kluft zwischen "Bewusstsein" und "Handeln", die zwar im Alltag vielfach beklagt und in empirischen Studien konstatiert wird, die aber u.U. eher auf bislang mangelndes theoretisches Nachdenken darüber zurückgeführt werden kann, was eigentlich mit Umweltbewusstsein und was mit Umwelthandeln gemeint ist. Erst mit der theoretischen Klärung dieser Fragen ergeben sich dann auch Ansatzpunkte für praktische Maßnahmen zur Förderung des ökologisch verantwortungsbewussten Handelns in Betrieben.

Im Einzelnen wurden drei Bestandteile des ökologischen Verantwortungsbewusstseins theoretisch aufeinander bezogen:

  • (a) Das ökologische Denken bzw. Strukturwissen; hier geht es darum, ob Personen eine systemische Problemsicht haben, komplexe Wechselwirkungen, Kreisläufe und Rückkopplungen berücksichtigen, zeiträumlich nahe mit weiteren, globalen Problemen in Zusammenhang bringen können etc. oder ob sie eher mechanistisch (z.B. in Form einfacher Ursache-Wirkungsketten) oder ob sie konkretistisch denken.
  • (b) Die ökologischen Kontrollvorstellungen stellen den ersten theoretischen Brückenschlag zwischen Denken/Wissen einerseits und dem Handeln andererseits dar; hier geht es darum, in welchem Maße Personen das eigene Handeln als wirkungsvoll oder sich selbst als ohnmächtig begreifen und ob sie meinen, individuelles Handeln in kollektive Strategien des kooperativen und kommunikativ geleiteten Handelns auf höheren Ebenen (z.B. der betrieblichen, regionalen oder politischen Ebene) einbringen zu können.
  • (c) Die ökologischen Moralvorstellungen stellen den zweiten theoretischen Brückenschlag zum Umwelthandeln dar; hier geht es darum, in welchem Maße Personen nur eigenen Interessen folgen oder sich von übergeordneten Werten, Unternehmenszielen, Gesetzen etc. leiten lassen, und weiter: ob sie Wertkonflikte sehen und ihr Handeln gerade in solchen Konflikten an übergeordneten (universellen) ethischen Prinzipien (z.B. im Sinne von Hans Jonas) orientieren.

In der Übersicht soll ein Prozessmodell deutlich werden: Erst wenn Personen überhaupt eine Problemsicht, ein Strukturwissen entwickelt haben, stellen sie sich die Frage danach, ob sie im Sinne einer Problemlösung handeln können und wollen und ob kooperatives und kommunikatives Umwelthandeln zur Lösung der Probleme erforderlich ist. Erst dann, wenn sie Ansatzpunkte für Handeln sehen, wenn sie handeln können, stellen sie sich selbst die weitere Frage, ob sie handeln sollen bzw. in welchem Maße sie ethisch zum Handeln verpflichtet sind.

Zur empirischen Überprüfung

Die drei Konstrukte zu den drei Bereichen sowie die diagnostischen Instrumente zu ihrer Erfassung sind in circa 70 Intensivinterviews mit Beschäftigten in der chemischen und in der Automobilindustrie erprobt worden. In einer letzten Serie von 30 weiteren Intensivinterviews wurde a) der Zusammenhang zwischen allen drei Bereichen des ökologischen Verantwortungsbewusstseins sowie b) das realisierte Umwelthandeln detailliert untersucht.

Die Ergebnisse zeigen, dass es vielfach eine Diskrepanz zwischen hohem ökologischen Denken/Strukturwissen auf der einen und ökologischen Kontroll- sowie Moralvorstellungen auf der anderen Seite gibt. Nur dort, wo diese Diskrepanz nicht besteht, wird Bewusstsein tatsächlich in Handeln umgesetzt. Die Ergebnisse, die zur Zeit für Buch- und Zeitschriftenpublikationen aufbereitet werden, zeigen weiter, an welchen Stellen (sukzessiv im Bereich von Problemwissen, Handlungswissen sowie ethischen Vorstellungen) angesetzt werden kann, damit es nicht bloß zu einem isoliert-individuellen, sondern darüber hinaus zu kollektivem, kommunikativ vermittelten Umwelthandeln in Organisationen kommt.

Maßnahmen der Intervention müssen an den jeweiligen Niveaus des Denkens, der Handlungs- und Wertvorstellungen der Mitarbeiter ansetzen, damit Umwelthandeln keine Über- und keine Unterforderung darstellt, sondern als Herausforderung sowie ethische Verpflichtung begriffen wird.

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Die zweite Phase der Projektarbeit

Von der Theorieentwicklung und -prüfung zu einem anwendungsorientierten Projekt

Ein gerade anlaufendes Projekt hat den Titel: Arbeits- und Organisationspsychologie im Umweltmanagement. Strategien zur Förderung von ökologisch verantwortungsbewusstem Handeln in mittelständischen Unternehmen.

Hier soll (a) die neue Konzeption der Projektgruppe zu ökologischem Verantwortungsbewusstsein und Handeln im Arbeitsleben zugrunde gelegt werden. Sie liefert Ansatzpunkte und Ziele für praktische Maßnahmen der Modifikation individuellen und organisatorischen Handelns im Sinne einer ökologischen Organisationsentwicklung.

Es gilt also, solche Ziele (b) mit Hilfe der arbeits- und organisationspsychologisch zentralen Methoden zur Partizipation von Mitarbeitern bei der Organisationsentwicklung umzusetzen. Im Projekt geht es um die Entwicklung und Dokumentation von praktischen Strategien des Umweltmanagements und von Bausteinen zur Förderung des ökologisch verantwortungsbewussten Handelns in Unternehmen. Das soll am Beispiel mittelständischer pharmazeutischer Betriebe geschehen.

Hier haben sich erstens vier Unternehmen zur intensiven Teilnahme an jenem vergleichsweise offenen Prozess der ökologischen Organisationsentwicklung bereit erklärt, der einer verbesserten Umweltkommunikation, einer abteilungsübergreifenden Koordination sowie einer Optimierung des betrieblichen Umwelthandelns dienen soll. Im Vordergrund steht die Frage, welche Strategien der partizipativen Arbeitsgestaltung mit Blick auf nur kooperativ zu bewältigende Umweltprobleme am günstigsten sind. Die Bausteine zielen inhaltlich auf die Förderung des ökologischen Verantwortungsbewusstseins (genauer: des ökologischen Denkens, des ökologischen Handlungswissens bzw. der Kontrollvorstellungen, der ökologischen Wert- und Moralvorstellungen) anhand spezifisch psychologischer Methoden (Struktur-Lege-Technik, ethische Dilemma-Diskussionen etc.). Zweitens soll ein Netzwerk aufgebaut werden, dem zusätzlich zu diesen vier Unternehmen drei bis vier weitere Firmen angehören. Dabei geht es um die betriebsübergreifende Kommunikation und den Erfahrungsaustausch (besonders über Probleme und Möglichkeiten der Fehlervermeidung bei der Öko-Audit-Zertifizierung und bei ökologischen Organisationsentwicklungsprozessen).

Endprodukt soll (a) ein unternehmensübergreifend und für Praktiker formuliertes Handbuch sein, in dem alle entwickelten Strategien und Bausteine so dokumentiert werden, dass sie in anderen Unternehmen und Branchen anwendbar sind. Daneben sollen (b) wissenschaftliche Publikationen und darauf basierende Materialien für die arbeits- und organisationspsychologische Ausbildung künftiger Praktiker, Experten und Multiplikatoren im betrieblichen Umweltschutz erstellt werden.

In welchem Umfang dieses Projekt realisiert wird, hängt davon ab, ob neben der bereits zugesicherten finanziellen Eigenbeteiligung der vier erwähnten Betriebe noch weitere Projektträger bzw. Fördermittel gewonnen werden können.

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