India Vision 2020. Eine Analyse politischer Zukunftsvorstellungen
Dannenberg, Sascha – 2016
Die Große Transformation ist geprägt von der Realität asynchroner Modernisierungsprozesse und der notwendigen Harmonisierung von nationalen Entwicklungszielen. Wie erfolgreich diese sein kann, hängt nicht zuletzt von den sich schnell entwickelnden, bevölkerungsreichen Ländern wie zum Beispiel Indien ab. Folgen diese den Entwicklungspfaden der so genannten Industriemoderne oder wählen sie für sich einen alternativen Entwicklungsweg? Voraussetzung für das Auslassen oder Überspringen von Entwicklungsschritten (leapfrogging) ist die initiale Imagination einer anderen Zukunft. Entsprechend dem Leitbild der Großen Transformation könnten solche Zukunftsvorstellungen auf den theoretischen Überlegungen einer reflexiven Modernisierung beruhen. Die zentrale Frage der Arbeit ist deshalb, inwiefern die politischen Zukunftsvorstellungen Indiens Elemente einer reflexiven Modernisierung enthalten oder gänzlich andere Modernisierungspfade beschreiben. Grundlage für die Untersuchung ist dabei das von der indischen Bundesregierung herausgegebene Leitbild India Vision 2020. Die Untersuchung zeigt dabei die politischen und ökonomischen Bedingungen auf, welche die Imagination zukünftiger Entwicklungen grundsätzlich bestimmen. Trotz zunehmenden ökologischen Bewusstseins und einem grundsätzlichen Risikoverständnis folgen die politischen Modernisierungsvorstellungen dem Denkmuster einer Kuznets-Kurve: nachhaltige Entwicklung ja, aber erst nach der Beseitigung der ökonomischen Mangelgesellschaft. In der vorliegenden Arbeit wird mit dem Ansatz der wissenschaftlichen Zukunftsforschung ein Bogen von der internationalen Dimension des demografischen Wandels über die extremen Ausprägungen in Japan bis hin zu einzelnen Strategien der japanischen Regierung gespannt. Es wird aufgezeigt, warum das Zusammenspiel der drei demografischen Variablen Geburtenrate, Lebenserwartung und Migration in Japan zu einem Ungleichgewicht führt, und befunden, dass die verfolgten strategischen Ansätze um dieses Ungleichgewicht auszugleichen bisher noch deutlich zu kurz greifen.